Aus Anlass des diesjährigen Jubiläums „120 Jahre Vereinsbrauerei Apolda“ ist diese Seite entstanden. Da eine alles umfassende Chronik der Brauereigeschichte das Format einer Internetseite deutlich sprengen würde, beschränke ich mich in diesem Teil auf die Vor-geschichte, die Gründung der Brauerei und die Zeit bis zum Ende der dreißiger Jahre des zwanzigsten Jahrhunderts. Nun sind zwar 120 Jahre Vereinsbrauerei Apolda schon eine Erfolgsgeschichte über einen sehr beachtlichen Zeitraum, trotzdem ist es unumgänglich, auf die natürlich wesentlich ältere Geschichte des Brauwesens in der Stadt Apolda und damit des Apoldaer Bieres einzugehen.

 

Im frühen Mittelalter bis ins erste Drittel des 19. Jahrhunderts war das Braugewerbe die Braunahrung, das heißt das Bierbrauen, Bierausschroten (verlegen im Ganzen) und das Bier verzapfen ein ausschließliches Recht der Städte (nachzulesen u.a. bei Sachse, Handbuch des gemeinen sächsischen Privatrechts, Seite 615, § 610). Das älteste Apoldaer Stadtbuch, das sich mit dem Brauwesen als städtisches Vorrecht befasst, datiert aus dem Jahre 1440( rotes Buch). Details bei Kronfeld, Geschichte und Beschreibung der Fabrik- und Handelsstadt Apolda. Mit diesem Vorrecht war das Recht verbunden, die Einführung fremden Bieres in die Stadt zu verbieten. Die Städte waren befugt, gegen Dauerabgaben, die Ausnutzung und Handhabung des Braugewerbes den Bürgern zu übertragen bzw. an Vereinigungen von Bürgern mit Gehöftbesitz, die sich zur Ausübung des Braugewerbes zusammen schlossen. Nur den Stadt- und Ratskellern der Städte stand das Recht zu, fremde Biere einzuführen und auszuschenken. Ausnahmen von diesen Regelungen konnten durch den Landesherren geschaffen werden und betrafen z.B. die Geistlichkeit, die von Alters her das Recht zum Bierbrauen und Verzapfen innehatte. Für die Ausübung des Braugewerbes war an erster Stelle ein Brauhaus mit entsprechenden Braugerätschaften notwendig. Dieses Brauhaus wurde in Apolda von den Schloss- und Grundherren derer von Vitzthum unterhalten. Das weitere, nötige Malz- und Darrhaus stellte und unterhielt die Stadtgemeinde gegen besondere Abgaben.
Die Stadt übte das Braugewerbe nicht selbst aus, sondern über Bürgergruppen, die bestimmte Voraussetzungen zu erfüllen hatten. Dazu gehörte ein geräumiges Gehöft, indem auch der Ausschank betrieben werden konnte. Die Mitglieder dieser Bürgergruppen waren Gruppenweise zum Brauen befugt, wobei die Reihenfolge durch das Los bestimmt wurde. Die Gruppe hatte selbst den Brau- und Darrmeister zu stellen, die Mitglieder waren zum Ausschank und Vertrieb berechtigt. Bis ca. 1710 hat sich diese Art einer Braucommune ohne formelle schriftliche Satzung wohl Jahrhunderte lang bewährt. Ursprünglich waren nur die Bürger der Innenstadt Apoldas zur vollen Braurechtsausübung, also auch zum Ausschank berechtigt. Zwar erreichten die Vorstädter schon im Stadtbuch von 1440 das Teilnahmerecht am Brauen, durften ihr Getränk aber nur für den Hausbedarf verwenden. Die Nutzung des Brauhauses durch den Schlossherrn war auf den Bedarf der Schlossbewohner und deren Gesinde beschränkt. Erst für das Jahr 1591 ist im so genannten weißen Buch des Stadtarchivs Apolda ein Vergleich vor der fürstlichen Regierung in Weimar verzeichnet. In diesem wird den Vorstädtern das Recht zugesprochen, Bier zum Verkauf zu brauen. Ein eigenes Schankrecht indes besaßen sie immer noch nicht, der Verkauf durfte nur in ganzen und halben Tonnen und Fässern geschehen. Von einer Gleichberechtigung der Innen- und Vorstädtern konnte als immer noch keine Rede sein. Erst im Jahre 1649 kam es zum Erlass einer besonderen Brauordnung, welche die Vorstädter berechtigte, gleichzeitig mit den Innendstädtern um das Brauen zu losen.
Inzwischen wuchs die Vorstadt außerhalb der Ringmauer immer schneller an und es kam zu lebhaften Protesten der Bevölkerung gegen die Einschränkung des Braurechtes.

So kam es am 14. Februar 1710 zu einem Erlass des Landesherren, der im Wesentlichen besagt:
- Den Vorstädtern ist es gestattet, Bier zu schenken und so viel Bierzeichen aufzustellen, als die Innenstädter haben.
- Der Rat zu Apolda ist schuldig und verbunden sowohl von den Inn- als von den Vorstädtern das Bier wechselweise in den Ratskeller zu nehmen.
- Wenn ein Vorstädter auswärtiges Bier einlagert oder verzapft, verliert er dieses Privileg.

Für dieses Privileg mussten die Vorstädter jährlich eine bestimmte Summe an die fürstliche Kasse zu Weimar zahlen.
Zu diesem Zeitpunkt vereinigten sich zunächst die brauenden Innenstädter zu einer Gesellschaft, die Vorstädter folgten diesem Beispiel. Somit gab es nun in Apolda zwei Braucommunen!
Die Akademie der Universität Jena, welche die Lehensnachfolge der 1631 erloschenen Linie der Apoldaer Schlossherren derer von Vitzthum angetreten hatte, erbaute um 1725 ein eigenes Brauhaus für die Vorstädter. Die Stadt baute 1729 auf eigene Kosten für die Vorstädter ein Malz- und Darrhaus, auf den später und noch heute so genannten Darrplatz. Da der städtische Ratskeller für die Gästeauf- nahme nicht mehr ausreichte, wurden ab 1717 in der Vorstadt insgesamt 3 neue Ratskeller von der Stadt gebaut. Diese günstige Entwicklung wurde durch die großen Brände vom 18-19.12.1777 und vom 25.07.1779 empfindlich gestört. Die Verluste an Häusern trafen vor allen die innerstädtischen Braugenossen. Der Überlieferung nach verbrannten damals auch die Akten der Braucommune. Als einzig positives ließe sich anmerken, dass nun ein geräumiger Brauhof errichtet werden konnte, da mehrere einengende Gebäude ein Opfer der Flammen geworden waren.
Die nächste für das Apoldaer Braugewerbe erwähnenswerte Begebenheit trug sich erst im Jahre 1826 zu. In diesem Jahr gelang es einem Assesor Börner, die beiden immer noch bestehenden Braucommunen zu vereinigen, mit dem zunächst zweifelhaften Erfolg, dass sich wieder zwei Gruppen bildeten, von denen die eine in einem Brauhaus das aufkommende helle Bier braute, während die andere Gruppe im zweiten Brauhaus das dunkle Bier nach alter Art weiter braute.
Am 2. Februar 1836 hob die Weimarer Regierung per Gesetz das Bier und Bierbannrecht auf, was aber auf die Geschäfte der Braucommune Apolda keinen negativen Auswirkungen hatte. Gleich bleibend gute Erträge ermöglichten es der Braucommune seit dem Jahre 1844, durch den Kauf von Gebäuden samt Brauereieinrichtungen, Grundstücken, Kellerausbauten usw., die Rechtsstellung eines selbstständigen Brauereibetriebes zu schaffen und auszubauen. Neben dem Namen Braucommune wird nun auch die Bezeichnung Braugesellschaft zu Apolda gebräuchlich. Die Käufe im Einzelnen aufzuführen, würde den Rahmen sprengen. Es sollen hier nur die Wichtigsten erwähnt werden.

        


Durch Vertrag vom 05.Februar 1848 verkauft der Akademische Fiskus mit Genehmigung der Landesregierung die beiden zum Akademischen Rittergut Apolda gehörenden Brauhäuser ( Vorstädter und Innenstädtisches ) mit allen Gerechtigkeiten und Braugerätschaften für 400 Taler an die Braugesellschaft zu Apolda.
Am 08.Mai 1849 verkauft der Wirkermeister Friedrich Baumgarten sein Wohnhaus auf dem Töpfermarkt der Braucommune für 620 Taler. „Das Töpfchen“ wurde von da an als Schankstätte der Braucommune aufgetan.
Am 15.Juli 1852 verkaufte der Stadtvorstand und Rat von Apolda das städtische Darrhaus an die Braucommune für 2400 Taler. Die Braugenossenschaft zählte damals 64 Mitglieder. Diese Mitglieder deckten die notwendigen Darlehen durch Mitunterzeichnung von Schuldscheinen ab.


In den Jahren 1872/1873 wurde als Fortsetzung der Braucommune eine offene Handelsgesellschaft unter dem Namen „Städtische Braugesellschaft zu Apolda Karl Kürschner und Co“ in das so genannte alte Handelsregister der Stadt Apolda eingetragen. Dieser Gesellschaft gehörten 46 bisher brauberechtigte Bürger an, vertreten wurde die Gesellschaft durch ihren ersten Vorsteher Karl Kürschner und 3 Ausschussmitglieder. Dies änderte sich durch das am 20.Oktober 1884 in das Handelsregister eingetragene neue Statut. In diesem werden als Organe der Gesellschaft genannt:
- das Direktorium
- der geschäftsführende Ausschuss
- die Gesellschafterversammlung
Die Gesellschaft firmiert bis zur Gründung der Vereinsbrauerei unter dem Namen „ Karl Kürschner und Co“ .

Zweites Gründungsunternehmen der Vereinsbrauerei war die Brauerei Gebrüder Bohringer, deren Geschichte zwar schneller erzählt, aber nicht weniger wichtig ist.
Gottlieb Albert Wilhelm Deinhardt aus Herressen, Spross der in Thüringen und Franken sehr bekannten und weit verzweigten Brauerfamilie Deinhardt, meldete am 04.März 1864 seine Brauerei in Apolda polizeilich an. Bereits seit 1860 besaß er in der Vorstadt Apoldas das Wohnhaus Nr. 627 in der damaligen oberen Bahnhofstrasse. Von diesem aus vertrieb er zunächst in Herressen gebrautes Bier in Apolda, was ihm die neue Gewerbeordnung in Sachsen Weimar vom 30.April 1862 ermöglichte. Im Jahre 1871 ist die Brauerei Deinhardt, Apolda, Bahnhofstrasse, im Adressbuch Apolda verzeichnet. In der Bahnhofstrasse befanden sich allerdings nur die Mälzerei und der Gärkeller. Die Lagerkeller befanden sich am Wehrweg am Herressener Bach. Zu der Brauerei gehörte auch ein Ausschank, das spätere Vereinsbräu (siehe auch Apoldaer Heimat 2001, die Brauerfamilie Deinhardt in Thüringen).

Das ehemalige Hauptgeäude der Brauerei Bohringer in seinem jetzigen traurigen Zustand!


Nach dem Tod Wilhelm Deinhardts ging die Brauerei an seinen Bruder August Deinhardt über, der das Unternehmen samt Grundbesitz im Jahre 1879 an die Gebrüder Bohring verkaufte.
Zu dieser Zeit betrug der Jahresumsatz der Brauerei 1250 hl.
Die neuen Besitzer der Brauerei erwiesen sich als außerordentlich Geschäftstüchtig. Die Lagerkeller wurden erheblich vergrößert und im Jahre 1883 wurde eine Eis- und Kühlmaschine in Betrieb genommen. Die Umsätze des Unternehmens wuchsen stetig und erreichten bis zum Jahre 1888 annährend die gleiche Höhe wie die der Firma Karl Kürschner & Co.
Gegenübergestellt betrugen die Umsätze und Werte beider Brauereien zur Zeit der Gründung der Vereinsbrauerei:

Karl Kürschner&Co

 

Gebrüder Bohring

 

436.00 Grund- und Anlagenwerte
122.696,37 Vorräte und Außenstände
Mk.558.696,37

348.750 Grund- und Anlagenwerte
1100.300,00 Vorräte, Neuanschaffungen - Außenstände
Mk.449.050,00

Umsätze im Braujahr
1884/1885: 13.156 hl
1885/1886. 14.803 hl
1886/1887: 16.898 hl
an Lager-, Einfach- und Weizenbier


Umsatzziffer vom1.Oktober1887- 9.August 1888:
15.693,51 hl Lagerbier
1.219,69 hl Einfachbier
Der volle Jahresumsatz dürfte bei 18.793,20 hl gelegen haben.



Restaurant Vereinsbräu,der frühere Brauereiausschank der Brauerei Bohringer

Auch wenn diese Absatzzahlen heutzutage recht bescheiden anmuten, sollte man sich vergegenwärtigen, dass dieses Bier ausschließlich in Fässern und mit Pferdefuhrwerken vertrieben wurde.

Die Gründung der Vereinsbrauerei Apolda Aktiengesellschaft

In der zweiten Hälfte des Jahres 1887 und der ersten des darauf folgenden Jahres gab es wiederholte Anfragen betreffs der Verkäuflichkeit der Brauerei Karl Kürschner & Co aber auch der Brauerei Gebrüder Bohring. Der Verwaltungsrat von Karl Kürschner & Co stand diesen Interessenten offen gegenüber, verbindliche Absprachen bedurften allerdings der Zustimmung der Generalversammlung. Es fanden eine große Zahl von Besichtigungen in der Brauerei statt, allerdings blieben feste Gebote aus. Ein beabsichtigter Verkauf der Brauerei an die Vermittlergruppe Lehfeldt-Berlin und Gossel-Nordhausen zu einem Gesamtpreis von Mk 685.000,00 laut Brief vom 23. Juni 1888 konnte nicht realisiert werden. Einer der Interessierten, Herr Landau in Berlin, schaffte die Verbindung zu einem Herrn Philipp Elimeyer in Dresden, welcher zwar nicht als Käufer, wohl aber als Gründer der Vereinigung der beiden Brauereien Karl Kürschner & Co. sowie Brauerei Gebrüder Bohring, deren Besitzer einem Verkauf ebenfalls nicht abgeneigt waren, fungieren wollte.


Diese Verhandlungen wurden am 26. Juli 1888 auf Beschluss der Generalversammlung abgebrochen. Am Tag zuvor hatten sich auf Anregung des Rechtsanwaltes Mardersteig aus Weimar, der Verwaltungsrat der Braugenossenschaft mit den Herrn Gebrüder Bohring und deren Vertrauten Herrn Ludwig in der Brauerei Karl Kürschner und Co. Getroffen. Bei diesem Treffen legte Rechtsanwalt Mardersteig dar, dass es wahrscheinlich ein großer Fehler wäre, wenn sich die beiden hiesigen Brauereien von einer auswärtigen Firma vereinigen ließen. Dies würde sicher zum Einstreichen eines großen Gewinns dieser Firma auf Kosten der späteren größtenteils einheimischen Aktieninhaber führen. Da beide Brauereien zwischenzeitlich schon von verschiedenen Unterhändlern bewertet wurden, sollte man doch den Versuch machen, ob man nicht durch gegenseitige Verhandlungen zu einer Verständigung und gemeinsamen Gründung kommen könnte. Auf dieser Basis wurde ein Treffen vereinbart, welches am 26. Juli 1888 in Weimar bei Rechtsanwalt Mardersteig stattfand. An diesem Treffen nahmen teil von Seiten der Brauerei Karl Kürschner & Co. die Herren Gentsch und Günther, während die Herren Emil Bohring und Ludwig die Brauerei Bohring vertraten. Die vier Herren fuhren gemeinsam nach Weimar, was in der Stadt Apolda natürlich nicht unbemerkt blieb und die Gerüchteküche zum brodeln brachte. Indes wurde während der Fahrt nichts verabredet, man wollte den Vorschlägen des Vermittlers Rechtsanwalt Mardersteig nicht vorgreifen. Im Laufe der Verhandlungen einigte man sich recht schnell auf die Gründung eines Aktienunternehmens. Es wurde der Wert der Brauerei Gebrüder Bohring mit Mk 348.750,00 und der Brauerei Karl Kürschner & Co. mit Mk 436.500,00 angesetzt. Rechtsanwalt Mardersteig arbeitete auf Grundlage dieser Summen und der getroffenen Absprachen ein Vertrag aus und legte diesen noch am selben Tage in Apolda vor, wo die Generalversammlung der Brauerei Karl Kürschner & Co. die Annahme vollzog. Damit war die Grundlage geschaffen, die zwei Brauereien zu einer zu verschmelzen, welche auf Vorschlag des Herrn Gentsch den Namen „ Vereinsbrauerei Apolda Aktiengesellschaft“ führen sollte.


Es wurden 850 Aktien geschaffen, von denen 500 an Karl Kürschner & Co und 350 an Gebrüder Bohring abgegeben wurden. Die Übergabe des Geschäftes seitens der Braugenossenschaft erfolgte sofort auf Grundlage der Inventur vom 30. September bzw. 10. Oktober 1887. Die Gebrüder Bohringer übergaben ihre Bestände nach der Aufnahme vom 09. August 1888.

Der offizielle Gründungsakt fand am 07.August 1888 statt, jedoch wurde darin festgesetzt, dass alle Geschäfte, die seit dem 01. Oktober 1887 ausgeführt waren, für Rechnung der neu gegründeten Gesellschaft gelten sollten. Somit war am 30. September 1888 bereits das erste Geschäftsjahr beendet.

Die erste große Herausforderung für das neu geschaffene Unternehmen war der Bau einer eigenen großen Mälzerei. Bereits im Geschäftsvertrag vom 07.August 1888 ist zu diesem Zweck die Aufnahme einer Anleihe in Höhe von MK 450.000,00 vorgesehen. Auch in späteren Jahren musste auf Schuldschreibungen zurückgegriffen werden, um den erheblichen Anforderungen für technische Neubauten, Grundstückskäufe, u.ä. zu genügen.
Im Jahre 1899 wurde das Stammkapital durch Ausgabe von 170 neuen Aktien ( auf 5 ältere – 1 neue ) a`1000,00 Mark auf 1.020.000,00 Mark erhöht. Mit dem Jahr 1899/1900 wurde erstmals ein „Lichtenhainer“ gebraut. Dieses vor allem bei der studentischen Jugend beliebte, leicht säuerliches Getränk, hatte ein besonderes Aroma durch Verwendung von Rauchmalz. Im Geschäftsjahr 1901/1902 begann erstmals der Vertrieb von Flaschenbier in der Vereinsbrauerei Apolda.

Das Jahr 1904 war mit einem Ausstoß von 43200 hl. Das erfolgreichste der Brauerei als Aktiengesellschaft.

 

Weniger Erfolg war jedoch den lang anhaltenden Bemühungen gegönnt, sich von der städtischen Wasserleitung unabhängig zu machen. Obwohl allein im Jahre 1896 für die Bohrung auf dem Brauereihof ca. 15.500 Mark , und in den Jahren 1908/1909 für Bohrungen am so genannten Felsenkeller mehrere Tausend Mark ausgegeben wurden, konnte dies nicht erreicht werden.


Die Arbeit in der Brauerei forderte den ganzen Mann schon beim Vertilgen des Haustrunks. Die tägliche Ration betrug 5 Liter !!!


Der stetige Aufwärtstrend des Unternehmens erlebte durch den ersten Weltkrieg und seine Folgen einen schweren Rückschlag. Schon kurz nach Kriegsbeginn waren 20 Männer der Belegschaft einberufen wurden, Autos und Pferde mussten abgegeben werden. Es folgten Kontigentierung des Malzverbrauches, Mälzungsverbot, Gerste- und Haferbeschlagnahme und Beschränkung der Biererzeugung auf 60%, 45%, später auf 10% und schlussendlich auf 5% der Friedensmengen. Das Getränk, welches unter diesen Bedingungen produziert und an die Kundschaft geliefert wurde, verdiente ehrlicher weise die Bezeichnung „Bier“ nicht. Um den Betrieb über diese schwere Zeit zu bringen, befasste man sich mit Landwirtschaft, Lagerung, Trocknung von Pflanzen und Birnen, sowie Laubheu für die Reichsfuttermittelstelle. Nach weiteren Einberufungen standen schließlich 37 Mann, einschließlich Direktor und Braumeister unter den Fahnen, fünf von ihnen kehrten nicht zurück.

Die Nachkriegsverhältnisse veranlassten die Brauerei, eine ganze Reihe sowohl weiter abgelegene als auch hiesige Gastwirtschaften zu verkaufen. Erst im Sommer 1920 erreichte das gebraute Bier wieder Vorkriegsqualität. Zu dieser Zeit wurde auch der Vertrieb von Spirituosen aufgenommen. Doch konnte der Aufwärtstrend nicht lange anhalten. Im Jahre 1920 wurden 12600 hl. verschiedenster Getränksorten hergestellt. Die sich bereits 1919 abzeichnete Geldentwertung machte sämtliche Berechnungen zur Makulatur und erreichte ihren Höhepunkt 1923, als für eine Goldmark – eine Billion Mark gerechnet wurde.


Das bisherige Aktienkapital von 1.020.000,00 Mark wurde auf 1.360.00,00 Mark erhöht und Schuldverschreibungen von 750.00,00 Mark aus gegeben. Eine geschlossene Interessengemeinschaft mit der städtischen Brauerei Jena und der Stadtbrauerei Deinhardt in Weimar brachte keine praktischen Ergebnisse und wurde wieder aufgelöst.
1923 trat Direktor Paul Staroske von der Riebeck Brauerei Erfurt in den Aufsichtsrat ein. In der zum 01. Oktober 1924 aufgestellten Goldmark-Eröffnungsbilanz wurde ein Überschuss von 299.000,00 angegeben, dieser und die Bildung eines Reservefonds von 27.200,00 Goldmark ergaben ein neues Aktienkapital von 272.000,00 GM. Durch Abstempelung wurde der Wert der Aktien von bisher 1.000,00 M auf 200,00 RM herabgesetzt. Beschlossen wurde die Ausgabe von 1580 Genussscheinen. Die 1929 beginnende Massenarbeitslosigkeit verursachte starke Einbrüche beim Bierabsatz, zeitweise bis 50% des Vorjahres. Unter Berücksichtigung aller Umstände konnten die Betriebsergebnisse gerade noch als befriedigend bezeichnet werden.

 
 

Die 1928 ausgegebenen Genussscheine konnten 1933 zurückgezahlt werden. Die im gleichen Jahr beschlossene Ausgabe von 1360 neuen Genussscheinen diente der Erhöhung des Aktienkapitals zu Gunsten der Aktionäre, welche dadurch einen Ausgleich für die Inflationsbedingten Kürzungen erhielten. Auch wurde nun wieder ein Pensions- und Unterstützungskonto gebildet.

 

Im Jahre 1936 konnte endlich der lang anhaltende Rückgang des Bierabsatzes gestoppt werden und es wurde der Brauerei möglich, größere Instandsetzungsarbeiten durch zuführen, welche längere Zeit nicht haben erfolgen können. Die sich wesentlich verbesserte Wirtschaftslage in und um die Stadt Apolda, auch bedingt durch den Zuzug neuer Industrieen, sorgte für eine deutliche Erhöhung des Bierausstoßes zum Ende des Jahres 1937. Dies ermöglichte der Brauerei die Umsetzung eines Siedlungsplanes für Brauereimitarbeiter. Im Oktober 1936 schon begann die Planung für eine Stammarbeitersiedlung. Das Darlehenskapital des Brauerei betrug 20.000,00 RM, mit 2% Verzinsung und 1% Tilgung. Zu gleichen Bedingungen stellte der langjährige Aufsichtsratsvorsitzende Emil Bohring 6.000 RM zur Verfügung, welches später in eine Stiftung umgewandelt wurden.

Der Wert jeder Wohnstätte war mit 6.000 RM veranschlagt. Der Siedlungsplan wurde der Belegschaft am 5. Januar 1937 bekannt gegeben, es meldeten sich sofort 15 Interessenten, 3 weitere kamen später hinzu. Die Siedlung umfasste insgesamt 2 Zweifamilienhäuser, 6 Doppelhäuser mit Garten, 1 Doppelhaus ohne Garten und 1 Einfamilienhaus mit Garten. Benannt wurde sie „Emil Bohring Siedlung“.
Der erste Spatenstich erfolgte am 7. April 1937 unter Mitarbeit der gesamten Belegschaft, welche über den gesamten Bauzeitraum anhielt. Am 1.Mai 1937 war der Tag der Grundsteinlegung und schon am 15. September dies selben Jahres konnten die ersten Siedler ihr neues Heim beziehen. Am 4. Oktober wurde das letzte der neuen Häuser bezogen. Durch die massiven Leistungen der Vereinsbrauerei und ihrer Belegschaft konnte eine deutliche Erhöhung des Standards in den neuen modernen Häusern erfolgen. So lag der Wert jedes Eigenheimes zum Bauende bei 8800,00 RM.
Diese Siedlung in der heutigen Heinestraße und der dort gelegene „Emil Bohring heutiger Walter Gordon Platz“ sind bis heute Beleg auch des sozialen Engagement der Vereinsbrauerei Apolda.


Die sich weiterhin sehr positiv darstellende Entwicklung des Unternehmens wurde durch den ausbrechenden zweiten Weltkrieg abrupt gebremst. Die Folgen dieses Krieges für die Vereinsbrauerei Apolda und die weitere Entwicklung des Unternehmens zur heutigen weit bekannten und erfolgreichen Privatbrauerei „Vereinsbrauerei Apolda“ müssen Ziel einer späteren Beschreibung werden.

Dem Freund des Apoldaer Bieres und der Stadt Apolda hoffe ich mit diesen Seiten, die Geschichte etwas nahe gebracht zu haben.
Für objektive Hinweise und Anregungen bin ich jederzeit dankbar und verbleibe mit einem

„Prost der Vereinsbrauerei Apolda“.

Norbert Poerschken

Quellen: L.Gentsch, Bericht der Liquidatoren.
A. Mardersteig, 50 Jahre Vereinsbrauerei Apolda, Aktiengesellschaft